Wein

Alternative Weinverpackungen

Glas ist nicht unbedingt die umweltfreundlichste Verpackung für Wein. Doch können wir uns kaum eine andere Hülle für einen guten Wein vorstellen. Auf der diesjährigen ProWein in Düsseldorf stellten viele Produzenten neue Ideen vor. So auch Elemental Wines, die mit ihrer Aluflasche die Kombination von Design und zu einhundert Prozent recyclefähigem leichten Material vor. Lesen Sie hier dazu Gedanken und Informationen von Paula Redes Sidore und Stuart Pigott.

Über den Glasflaschenrand hinausschauen: Alternative Verpackungen für Wein

Von Paula Redes Sidore und Stuart Pigott

„Es kommt nicht auf das Äußere an“ wird uns seit frühester Kindheit eingebläut. Und doch achten wir häufig auf Äußerlichkeiten, auch bei Wein. Oder besser gesagt, besonders bei Wein, denn die Etiketten in den Regalen oder auf dem Bildschirm sind ein Blickfang.

Wir wissen, dass Glas für gut ein Drittel des CO2-Fußabdrucks von Wein verantwortlich ist, dass der Transport und die Herstellung von Glasflaschen mehr als die Hälfte der Treibhausgas-Emissionen eines Produzenten ausmachen. Wir wissen, dass etwa der Wechsel von Glas zu alternativen Verpackungsformaten bis zu 750 Millionen Kilogramm CO2-Emissionen pro Jahr alleine im Vereinigten Königreich einsparen könnte – und doch hängen wir an dem 400 Jahre alten Irrglauben, dass Wein in Glasflaschen gehört.

Als wir uns während der ProWein 2023 mit diesem Thema beschäftigten, konzentrierten wir uns auf die Alternativen unter den alternativen Verpackungsmethoden, auf „alles andere als Glas“. Ein Jahr später ist das Thema so aktuell wie nie, und in allen 13 Hallen der ProWein 2024 waren zahlreiche Beispiele der neuesten Fortschritte zu sehen.

Die unschlagbare Leichtigkeit des Glases

Interessanterweise sind es nicht die alternativen Verpackungsmethoden, die im Laufe des vergangenen Jahres am meisten Aufmerksamkeit erhielten, sondern eine alternative Herangehensweise an traditionelle Verpackungsformen. Das Stichwort hier ist: leicht.

Gegen Ende des vergangenen Jahres verkündete die europäische Glasmanufaktur Verallia (Halle 9, Stand B90), die leichteste Bordeaux-Flasche der Welt entworfen zu haben, mit nur 300 Gramm Gewicht. Der Glas-Standard lag bisher bei knapp 400 Gramm. Eine durchschnittliche 0,75 Liter-Weinflasche wiegt etwa 575 Gramm, einige Schwergewichte bringen sogar 900 Gramm auf die Waage. Die Produktion der Bordelaise Air 300G wird noch in diesem Jahr beginnen. Darüber hinaus testete Verallia im März letzten Jahres die leichteste Champagner-Flasche, die nochmal 35 Gramm leichter ist und damit noch einmal 4 Prozent weniger CO2 ausstößt.  Die Champagne war übrigens die erste Weinregion, die sich bereits vor über zehn Jahren mit diesem Thema beschäftigte.

Der italienische Bio-Produzent Alois Lageder (Halle 16, Stand H55) hat vor kurzem eine leichte Flasche im Burgunder-Stil angeboten, entwickelt zusammen mit der Schweizer Glasmanufaktur Vertropack. So konnte der jährliche Glasverbrauch des Produzenten um 17 Prozent (beziehungsweise um 87 Tonnen) reduziert werden. Für Lageder erstreckt sich der Wille zur Veränderung sogar über die eigenen Grenzen hinaus: Lageder entschied, die 450 Gramm leichte Flasche mit Namen „Summa“ nicht patentieren zu lassen, in der Hoffnung, dass dies andere Produzenten animieren wird, ebenfalls auf „leicht“ umzustellen.

In der Branche steigt der Druck auf die Produzenten, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) berichtet, dass im vergangenen Jahr 45 seiner 200 Verbandsmitglieder die leichten Glasflaschen mit der Prägung des GG-Signets für ihre Großen Gewächse verwendeten. Diese speziell gestalteten Flaschen wiegen 580 Gramm, statt vorher 750 Gramm. Weitere Beispiele sind auf der gesamten Lieferkette zu finden. Die britische Weinkritikerin Jancis Robinson, eine lautstarke Verfechterin leichter Glasflaschen, gibt neuerdings auch das Flaschengewicht in ihren Punktbewertungen auf http://www.jr.com an. Und das staatliche schwedische Unternehmen Systembolaget, das über ein Monopol auf den Einzelhandel mit alkoholischen Getränken verfügt, hat für Still- und Schaumwein-Einwegflaschen eine strenge Gewichtsbeschränkung zum 1. März 2024 eingeführt. 

Element[al] of Surprise

Doch was passiert, wenn man das Thema Flasche komplett neu denkt? Anfang dieses Monats führte das frisch gegründete Weinunternehmen Element[al]wines (Halle 14, Stand E78-1) eine bahnbrechende neue Verpackungsidee ein, die auf dem Sundance Film Festival Premiere hatte. Die nur 90 Gramm schwere Aluminium-Flasche ist 80 Prozent leichter als die durchschnittliche Glasweinflasche und kann zu 100 Prozent recycelt werden. „Dosenwein“ ist wirklich nichts Neues, doch in dieser Version hallt die traditionelle Form und die typische Füllmenge einer Weinflasche wider.

„Wir waren auf der Suche nach Möglichkeiten, unsere existierenden Glasflaschen leichter zu machen, und das führte uns schließlich zu einer radikalen Herangehensweise, zu der die Konsumenten unserer Meinung nach bereit sind“, sagt Jody Bogle, Vizepräsidentin für Kundenbeziehungen. Das Design ist laut Pressemitteilung der Firma das Ergebnis aus drei Jahren intensiver Forschung. Dünnere Wände und keine Welle im Boden der Flaschen bedeuten, dass pro LKW-Ladung bis zu 43 Prozent mehr Kisten transportiert werden können (ungefähr 5.216 Kilogramm), während das Transportgewicht trotzdem 3 Prozent geringer ist als das von Glas. Die Metallbehälter können zu 100 Prozent recycelt werden, und das Deco-Design wird direkt auf die Flasche gedruckt, Etiketten sind also keine nötig. Das Sortiment umfasst derzeit vier Weine aus nachhaltigem Anbau in Kalifornien, darunter zwei fassgereifte Weine. „Wir glauben,” fügt Bogle vor kurzem in einem Gespräch hinzu, „dass Wein in Aluminium nicht für mindere Qualität steht und auch nicht nur für bestimmte Rebsorten geeignet ist.“ Element[al] Wines werden in den USA ab März 2024 im Einzelhandel erhältlich sein.

Allerdings sind nicht alle von der Vorstellung begeistert, sich den Elementen auszusetzen. Auch für Dosengegner hatte das Jahr 2023 eine Reihe an Alternativen zu bieten, von Flachs zu Faser, die auf dem Markt weiter an Zugkraft gewinnen.

Papier oder Plastik? 

Das Highlight der Trend Talks des vergangenen Jahres war die dramatische Präsentation der Papier-Weinflasche von Frugalpac. Wir ahnten noch nicht, was uns der Rest des Jahres bringen würde. Im Herbst machte die drei Jahre alte britische Firma für nachhaltige Verpackungen nicht nur wegen ihres royalen Debüts zum Besuch des britischen Königspaares in Bordeaux von sich Reden, ihre Flaschen hatten auch eine Rolle im Netflix-Thriller „Bodies“, als „Wein der Zukunft“ in einem im Jahr 2053 angesetzten Handlungsstrang. Eine Zukunft, die man auf der ProWein im „Supermarktregal der Zukunft“ am Stand von Frugalpac (Halle 9, Stand B71) erleben konnte.

Bei der nur 83 Gramm schweren Frugal-Flasche handelt es sich um eine lebensmittelechte Beutelverpackung, die außen von einer zu 94 Prozent recycelbaren Pappschicht bedeckt ist. Laut einer aktuellen Pressemitteilung der Firma ist ihr CO2-Fußabdruck damit 84 Prozent geringer als der einer Glasflasche. Ähnlich wie die Aluminium-Flasche von Element[al] fasst die Frugal-Flasche 750 Milliliter Wein und imitiert die Form der traditionellen Weinflasche. Frugal-Flaschen sind in 25 Ländern erhältlich, mit einer deutlichen Präsenz in den großen Supermarktketten Großbritannien.

Was Frugalpac noch hervorhebt, ist die Tatsache, dass die Firma plant, ihre Montagemaschinen in Weinregionen zu verkaufen, nicht die Flaschen an sich. Das bedeutet, dass der Transportbedarf und damit der CO2-Ausstoß verringert wird. Die ersten beiden verkauften Maschinen, an die Monterey Wine Company in den USA und KinsBrae Packaging in Kanada, werden in der ersten Hälfte des Jahres 2024 in Betrieb gehen.

Auf die inneren Werte kommt es an

Von den fast 2.500 Produzenten, Handelsvertretern und Konsumenten, die für den ProWein Business Report 2022 befragt wurden, gaben 60% (Produzenten) und 45 % (Handel) an, nicht zu planen, in den kommenden zwei Jahren etwas anderes als Glas anzubieten. Obwohl wir wissen, dass bessere, effektivere und verantwortungsbewusstere Verpackungen möglich sind, ist es für manche offenbar noch zu viel verlangt, die Vertrautheit und Tradition der Glasflaschen aufzugeben.

Bei den diesjährigen Trends wurde das offenbar in Betracht gezogen. Der Fokus liegt auf dem neuen Überdenken der Verpackungsmaterialien, nicht auf der Verpackungsgröße. So wird eine deutliche Reduktion des CO2-Fußabdrucks möglich. Um die Einstellung der Konsumenten zu ändern, reicht es aber nicht, nur auf Qualität und Nachhaltigkeit der Verpackung zu achten. Die Qualität des Weins in dem entsprechenden Behältnis muss mit ebenso viel Sorgsamkeit und Bedacht sichergestellt werden. Denn was wird uns seit frühester Kindheit noch mit auf den Weg gegeben? „Auf die inneren Werte kommt es an!“

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