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Koexistenz von Honig- und Wildbienen

In der Diskussion über den Schutz von Wildbienen vor Honigbienen hat die Autorin Janine Fritsch die Grundlagen untersucht und festgestellt dass gerade in Europa Honig- und andere Bienengattungen von jeher koexistiert haben. Im Interview mit der Biologin Dr. Marina Meixner spricht sie über die verschiedenen Lebensräume und Nahrungsquellen und erklärt wie ein Miteinader sichergestellt werden kann.

Eine Rote Mauerbiene (Osmia bicornis) am Natternkopf. Foto: Janine Fritsch

Seit Jahrtausenden leben Honig- und Wildbienen in denselben Landschaften, in denen sie sich gemeinsam mit Blütenpflanzen entwickelt haben. In dieser Evolution haben sie ganz unterschiedliche Lebenswege gewählt, wenn es um Futterquellen und Nistplätze geht oder darum, wie sie ihren Nachwuchs aufziehen. Die Strategie der Natur – sozusagen die Diversifizierung – geht seitdem sehr gut auf: Man lebt zusammen, aber stört sich nicht. Die einen sind dabei eher die wählerischen Rosinenpicker, die anderen die genügsameren Allesfresser.

Eine uralte Wohngemeinschaft 

„Anders als in Amerika, Australien oder Neuseeland, wo es die Honigbiene ursprünglich nicht gab, ist sie bei uns in Europa heimisch. Das darf man nicht vergessen.“ betont Dr. Marina Meixner, Vorsitzende der AG Bieneninstitute. Seit Jahrtausenden teilen sich Honig- und Wildbienen in Europa erfolgreich Nahrungsangebot und Lebensraum. 

Leerer Tisch und leerer Kühlschrank

Doch der wird immer enger: Immer mehr verbaute und versiegelte Böden, immer größere und einseitige landwirtschaftliche Flächen, auf denen zu bestimmten Zeiten nur eine einzige Frucht wächst. Ist der Raps verblüht, ist erstmal Ebbe. Denn es gibt kaum mehr Blühstreifen wie früher. Auch fehlen kleinteilig-vernetzte gemischte Strukturen, wo über den ganzen Sommer immer wieder eine andere Art ihren Nektar und Pollen anbietet. Für Wildbienen heißt das, der Tisch ist abgeräumt.

Weite Wege, kurze Wege

Nicht so für die Honigbiene: Als Generalist fliegt sie auf Massentracht. Ob Obst und Raps im Frühling, Kastanienwälder im Sommer oder Heide im Herbst. Sie nimmt, was kommt und kommt auch ran. Denn: Honigbienen fliegen mehrere Kilometer. Sie haben weniger Probleme mit weiteren Wegen. Wildbienen dagegen bleiben nah am Nest und suchen ihr Futter je nach Art, oft nur im Umkreis von wenigen hundert Metern. Ein flächendeckendes Blütennetz ist für sie also lebenswichtig.

Jedem seine ökologische Nische

„Die ökologischen Nischen sind für Wild- und Honigbienen einfach nicht dieselben“, erklärt Biologin Meixner. Weder zeitlich, noch räumlich, noch was die Futterpflanzen angeht. „Außerdem sind auch viele Wildbienen wie Hummeln oder Mauerbienen nicht so heikel bei der Futterauswahl.“ Die Bienenspezialistin versucht schon seit geraumer Zeit, den Blick auf die Situation zu relativieren. Nur etwa ein Drittel der Wildbienen ist wirklich streng spezialisiert auf eine Pflanzenart, wie die Heidekrautseidenbiene oder die Natternkopf-Mauerbiene. Und dann ist es auch der Pollen, nicht der Nektar um den es geht. Aber auch starke Spezialisten sind bei Mangel in der Lage auszuweichen. So verschmäht die Heidekraut-Seidenbiene wenn nötig auch Efeu oder Korbblütler nicht.

Keine belastbare Datenbasis

„Pauschale Unterstellungen sind ein Manko in der Diskussion“, beklagt Meixner. „Die Studienlage gibt eine generelle Bienenkonkurrenz jedenfalls nicht her, denn dazu müsste man erst einmal schauen, ob die Wildbienenpopulationen dort zurückgehen, wo Honigbienen sind, und nicht, wo beide Futter suchen. Diese Daten haben wir aber bisher nicht.“  Die Biologin geht davon aus, dass Naturschutzgebiete, wo Läppertracht vorherrscht – das heißt, in der keine Pflanze massenweise auftritt – als Futterquelle für Honigbienen überhaupt nicht so interessant sind. 

Imker folgen Massentrachten 

Diese unterschiedlichen Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Bienen sind auch für Jan-Dirk Bunsen ausschlaggebend. Als Berufsimker wandert er in großem Stil den Massentrachten hinterher. „Wenn wir z. B. in die Edelkastanie gehen, dann nur für wenige Wochen. Ist der Baum verblüht, dann sehen wir zu, dass wir so schnell wie möglich die Bienen wieder rausholen, sonst würden sie den Honigvorrat gleich wieder aufzehren“. Jeder Imker denkt auch wirtschaftlich. „Keiner würde an Standorte gehen, wo seine Bienen nicht üppig Nahrung vorfinden und natürlich dürfen auch nicht zu viele Völker an einem Ort stehen.“ Das Maß muss stimmen, damit es den Völkern gut geht. „Und viele typische Wildbienen-Pflanzen wie Rainfarn, Skabiose oder Glockenblumen sind für unsere Honigbienen gar nicht so interessant,“ fügt der promovierte Agrarwissenschaftler hinzu. Letztlich geht es auch ihm darum, zu zeigen, dass die vermeintliche Konkurrenz – wenn sie überhaupt auftritt – nur ganz wenige Wildbienenarten betrifft und zeitlich nur kurz besteht. Es ist kein grundsätzliches Problem.

Ausschluss aus Heideflächen

„Wir Imker werden immer öfter aus Gebieten plötzlich ausgeschlossen.“ beklagt Bunsen, der auch Landesgeschäftsführer in Reinland-Pfalz für den Deutschen Berufs und Erwerbs Imker Bund ist. Viele große Naturschutzgebiete mit seltenen Tier- und Pflanzenarten sind ehemalige Truppenübungsplätze und enthalten bei Imkern begehrte Heidelandschaften. „Dabei ist gerade das eine jahrhundertealte Kulturlandschaft – menschengemacht. Die Heideimkerei ist hier entstanden, die Heidekrautsand- und Heidekrautseidenbiene sind der Kultur gefolgt und dabei trotz der Honigbienen nicht ausgestorben“, betont er, denn dieser Aspekt wird bei der Diskussion gern weggelassen.

Immer noch weniger Honigbienen als früher

„Die Diskussion um zu viele Honigbienen ist relativ neu“, so Jan-Dirk Bunsen, „dabei hatten wir nach dem 2. Weltkrieg mit 2 Millionen Bienenvölkern doppelt so viele wie heute. Die Zahlen und die behaupteten Auswirkungen passen hier nicht zusammen.“  

Mehr Wildwuchs und Unordnung 

In einem sind sich aber Imker, Wissenschaftler und Naturschützer einig: Die Gründe für den Rückgang der Insekten liegt vor allem am Schwund von Nahrungs- und Nistplätzen durch Versiegelung, intensiven Landbau und Eintrag von Schadstoffen in Böden und Gewässer. Wer selbst etwas tun will, sollte in seinem Garten Wildpflanzen wuchern lassen und offene Kies-, Lehm und Sandflächen anlegen. Schöne Zuchtpflanzen und Ordnung oder sauber gepflasterte Wege und Terrassen mögen Tiere einfach nicht.

Quelle/Auftraggeber: “Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund

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