Täuschung an der Ladenkasse – foodwatch deckt falsche „Dauerpreise“ bei Supermärkten auf
Mit großem Werbeaufwand versprachen große Handelsketten wie Aldi, Edeka, Lidl und Rewe im Frühjahr „dauerhaft günstige“ Preise für viele Produkte. Doch eine aktuelle Untersuchung von foodwatch zeigt: Hinter den Rabattkampagnen steckt oft mehr Marketing als echte Entlastung. Zahlreiche der beworbenen Artikel sind inzwischen wieder teurer, viele sogar über dem Preisniveau von 2022. Besonders frische und gesunde Lebensmittel bleiben von den Preissenkungen weitgehend ausgeschlossen – stattdessen profitieren vor allem Snacks, Süßwaren und Alkohol. foodwatch wirft den Unternehmen Verbrauchertäuschung vor und fordert neben mehr Transparenz auch politische Maßnahmen wie die Streichung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte.

Von wegen „dauerhaft günstig“: foodwatch wirft Aldi, Rewe & Co. Verbrauchertäuschung bei Rabattaktionen vor – Beispiel-Warenkorb zeigt: Preise steigen weiter
- „Dauerhafte Preissenkungen“? Bei Handelsketten sinkt Zahl der betroffenen Produkte drastisch – teilweise steigen die Preise sogar
- Verbraucher:innen werden mit Marketingversprechen getäuscht
- Beispiel-Warenkorb von Aldi zeigt: Preise steigen, sind im Schnitt deutlich höher als 2022
Mit großem Werbeaufwand hatten die Handelsketten Aldi, Edeka, Lidl und Rewe im Frühjahr angekündigt, Lebensmittel in den Supermärkten „dauerhaft“ im Preis zu senken. Eine aktuelle Analyse der Verbraucherorganisation foodwatch zeigt jedoch: Viele der einst beworbenen Produkte sind längst wieder teurer geworden. Frische Lebensmittel wie Obst und Gemüse finden sich unter den beworbenen Produkten kaum. foodwatch forderte von den Handelsketten mehr Transparenz und von der Bundesregierung eine Streichung der Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte, um einen gesunden Einkauf für alle Menschen erschwinglicher zu machen.
„Die großen Rabattaktionen der Supermärkte entpuppen sich als bloßer PR-Gag. Nur wenige Produkte, darunter vor allem Eis, Süßigkeiten und Alkohol, sind tatsächlich ‚dauerhaft günstiger‘ geworden. Für viele andere Lebensmittel gilt jedoch das Gegenteil: Die Preise gehen weiter bergauf – und das, obwohl Kosten für Energie und Rohstoffe mittlerweile wieder gesunken sind“, sagte Alina Nitsche von foodwatch.
Rückgang bei der Zahl beworbener Produkte
Die Zahl der als „dauerhaft günstig“ ausgewiesenen Produkte ist bei mehreren Handelsketten seit den ursprünglichen Ankündigungen deutlich heruntergegangen:
- Aldi Nord hatte im Mai noch 93 dauerhaft reduzierte Artikel angekündigt, Ende September waren vor einer foodwatch-Anfrage nur noch 34 auf der „Tiefpreis-Highlight“-Webseite gelistet. Davon stammen lediglich vier aus der damaligen Liste. Laut foodwatch sind mindestens 13 Produkte, die ursprünglich als dauerhaft reduziert beworben wurden, im Preis gleich geblieben, nur kurzfristig reduziert gewesen oder sogar gestiegen.
- Edeka listet aktuell 143 Produkte unter dem Label „dauerhaft günstige Produkte“ – rund 30 Prozent weniger als noch Anfang Juni (201 Produkte). Einige Artikel, wie etwa Hähnchenschnitzel oder Sahnejoghurt, sind nicht mehr enthalten. Auf Anfrage teilte Edeka mit, dass die Auswahl der Produkte auf der Webseite kampagnenbezogen erfolge und nicht alle Preissenkungen abgebildet würden. Zudem liege die Umsetzung im Ermessen der einzelnen Märkte, zur aktuellen Beteiligung machte Edeka keine Angaben.
- Lidl verweist weiterhin auf „die größte Preissenkung aller Zeiten“, macht jedoch keine konkreten Angaben dazu, welche Artikel dauerhaft im Preis gesenkt wurden. Die Preisstrategie bleibt damit weitgehend intransparent. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat inzwischen Klage wegen irreführender Werbung eingereicht.
- Rewe kommuniziert die „Tiefpreis-Kampagne“ nicht als neues Instrument, sondern als Erinnerung an bestehende Angebote. Auf Nachfrage ließ das Unternehmen offen, ob dieselben Produkte weiterhin im Preis reduziert sind wie im Mai.
Laut foodwatch entfallen ein erheblicher Teil der aktuell als „dauerhaft günstig“ beworbenen Produkte auf hochverarbeitete und unausgewogene Lebensmittel. Bei Aldi etwa sind über 30 Prozent der beworbenen Artikel alkoholische Getränke, Süßwaren, Snacks oder Fertigprodukte. Frische und unverarbeitete Lebensmittel – insbesondere Obst und Gemüse – sind kaum vertreten.
Auch Butter wurde vor kurzem unter dem Stichwort „dauerhafte Preissenkung“ beworben. Die tatsächliche Preisentwicklung zeigt jedoch starke Schwankungen. Beispiel: Die Butter von „Milsani“ bei Aldi kostet derzeit so viel wie im März 2023. Auch bei Rewe liegt der Preis für Süßrahmbutter leicht über dem Niveau von Juli 2024. Laut Brancheninformationen sind die gesunkenen Preise auf ein hohes Milchaufkommen und steigende Fettgehalte zurückzuführen. Gleichzeitig stehen Molkereien offenbar unter hohem Preisdruck. Handelsunternehmen kaufen offenbar bereits seit mehreren Monaten günstiger ein, geben die Preisvorteile jedoch erst jetzt an die Kund:innen weiter.
Grundsätzliche Preisentwicklung bleibt angespannt
Trotz einzelner Preisnachlässe bei ausgewählten Produkten bleibt das allgemeine Preisniveau für Lebensmittel hoch. Laut foodwatch liegt ein Standard-Warenkorb bei Aldi derzeit rund 35 Prozent über dem Niveau von 2022. In den vergangen zwei Jahren sei der Preis zwar nur noch leicht gestiegen, aber Energie- und Rohstoffkosten seien seit längerer Zeit rückläufig, so foodwatch. Auch die allgemeine Teuerungsrate für Lebensmittel liege weiterhin über der Inflationsrate.
foodwatch fordert eine transparente und überprüfbare Preisgestaltung. Wer mit dauerhaft niedrigen Preisen werbe, müsse diese Versprechen auch einhalten – temporäre Rabatte dürfen nicht als „dauerhaft“ bezeichnet werden. Eine Preiswerbung, die wenige Wochen nach der Ankündigung wieder kassiert wird, sei irreführend und müsse rechtlich unterbunden werden.
Wenn Preise gesenkt würden, dann doch bitte nicht bei Süßwaren, Alkohol und Fertiggerichten – sondern bei gesunden Lebensmitteln, forderte foodwatch. Frisches Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte müssten für alle Menschen bezahlbar sein.
Die Verbraucherorganisation forderte die Bundesregierung auf, die Mehrwertsteuer auf pflanzliche, unverarbeitete Grundnahrungsmittel vollständig zu streichen. Eine gesunde Ernährung dürfe nicht am Geldbeutel scheitern – sie müsse allen Menschen zugänglich sein.
Quellen und weiterführende Informationen: