Kein Essen mehr in den Tank
Dazu forderten foodwatch und die Deutsche Umwelthilfe die Bundesregierung auf. Die Protestierenden wollen die Förderung von Agrokraftstoffen stoppen. So trafen sie sich am letzten Donnerstag vor dem Umweltministerium in Berlin, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Sie sind der Meinung dass es in Zeiten von Lebensmittelknappheit nicht vertretbar sei, Lebensmittel durch Verbrennung in Autos zu vernichten.
Denn allein in Deutschland wachsen auf einer Fläche rund dreimal so groß wie das Saarland Pflanzen zur Herstellung von Agrokraftstoffen. Diese Fläche könne stattdessen für die Produktion von Nahrungsmitteln genutzt werden, so foodwatch und die Deutsche Umwelthilfe. Umweltministerin Steffi Lemke, Agrarminister Cem Özdemir und Wirtschaftsminister Robert Habeck beraten derzeit über das Thema, eine Entscheidung zum weiteren Umgang mit der staatlichen Agrokraftstoff-Förderung scheint kurz bevorzustehen.
„Beim Agrokraftstoff ist die Sachlage klar: Es spricht nichts dafür und alles dagegen. Der Anbau von Getreide, Raps & Co. für Sprit verschlingt riesige landwirtschaftliche Flächen und befeuert damit die Klimakrise und das Artensterben. Lebensmittel, die bei uns als Sprit im Tank landen, fehlen zudem andernorts auf den Tellern der Menschen – angesichts einer drohender Nahrungsmittelkrise durch den Ukraine-Krieg ist das unverantwortlich. Schluss mit der unsinnigen Verbrennung von Lebensmitteln als Kraftstoff! Bundesumweltministerin Steffi Lemke muss gemeinsam mit ihren Ministerkolleginnen und Ministerkollegen sofort Abhilfe schaffen: Mit einer simplen Gesetzesänderung können Nahrungsmittel in deutschen Autotanks endlich passé sein“, so Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.
Saskia Reinbeck von der Verbraucherorganisation foodwatch erklärte: „Es ist absolut unverantwortlich, dass tonnenweise Lebensmittel in Autotanks landen – und dieser Irrsinn noch immer staatlich gefördert wird. Allein in Europa wird täglich Weizen für umgerechnet 15 Mio. Brote verbrannt. Gleichzeitig drohen in Ländern im Nahen Osten und in Afrika katastrophale Hungersnöte. Die Bundesregierung kann und muss jetzt handeln und die schädliche Förderung von Agrokraftstoffen sofort beenden.“
In Deutschland werden auf knapp 800.000 Hektar Pflanzen wie Raps oder Mais für die Herstellung von Agrokraftstoffen angebaut. Etwa 60 Prozent der gesamten Rapsanbaufläche in Deutschland ist für den Anbau von Rapsöl für Agrokraftstoff belegt, 12 Prozent des in Deutschland verwendeten Getreides werden energetisch genutzt.
Agrokraftstoffe werden herkömmlichem fossilem Diesel und Benzin beigemischt. Die Bundesregierung fördert Agrokraftstoffe, indem sie es Kraftstoffherstellern ermöglicht, die Beimischung auf die gesetzlich vorgeschriebene Treibhausgasminderungsquote anzurechnen. Da Agrokraftstoffe teurer sind als fossile Kraftstoffe würden sie ohne staatliche Förderung nicht eingesetzt werden. Expert:innen kritisieren seit vielen Jahren, dass der Anbau von Pflanzen für Kraftstoff in Konkurrenz zur Produktion von Lebensmitteln steht und dass der Einsatz von Agrokraftstoffen aufgrund des immensen Flächenverbrauchs klimaschädlich ist.
Quellen und weiterführende Informationen:
- „Hohe Klimakosten durch vermeintlich grüne Agrokraftstoffe“: DUH zu Agrokraftstoffen: https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Naturschutz/Agrokraftstoffe/DUH_Briefing_Agrokraftstoffe_23_02_2022_final.pdf
- „CO2-Opportunitätskosten von Biokraftstoffen in Deutschland“: Studie des Ifeu-Instituts: https://www.ifeu.de/fileadmin/uploads/pdf/CO2_Opportunit%C3%A4tskosten_Biokraftstoffe_1602022__002_.pdf